Samstag
Nach einem gewoehnlichen Fruehstueck mit Poridge packten alle ihre sieben Sachen zusammen und waren bereit fuer die Abreise Richtung Uluru. Als Paul und David endlich aus Alice Springs mit den Troopies zurueckgekehrt sind, wurden die Daecher hoch beladen. Die Swags waren natuerlich auch dabei. Kurz vor der Abfahrt gab es noch eine Besprechung in der letztendlich beschlossen wurde, dass wir dieses Wochenende doch nicht wie geplant zum Uluru aufbrechen, sondern es auf naechste Woche verschieben. So gab es anfangs noch ein paar Unstimmigheiten aber gegen Ende waren doch alle zufrieden. Nun gab es noch die Moeglichkeit, ins naeher gelegene „Palm Valley“ zu fahren. Jetzt waren sich alle einig und wir quetschten uns zu zehnt plus Fahrer in einen Troopy. Es war eng aber sehr lustig. So wurde sich auf den Weg zum ungefaehr 1 stuendig entfernten Ellery-Big-Hole gemacht.
Als wir ankamen, hatte jeder ein wenig Zeit fuer sich, um die Gegend zu erkunden.Viele nutzten diese, um auf die umliegenden Felsen zu klettern. Paul und Daniel sprangen ins eiskalte Wasser – zweimal! Als alle wieder da waren, fuhren wir weiter zum Serpentine Gorge: ein weiteres Wasserloch, wo man auch wunderbar halsbrecherische Kletterungen unternehmen konnte. Es gab auch einen weniger gefaehrlichen Weg zu einem Aussichtspunkt, wo wir ein Rock-Wallaby bestaunen konnten.
Eigentlich wollten wir danach nach Glen Helen fahren, um dort zu campen, doch die Preise waren zu hoch. Also fuhren wir weiter zum Ormiston-Gorge-Campingplatz, wo unsere Hoffnung auf ein warmes Abendessen, welches am Lagerfeuer gekocht werden sollte, durch ein „No-Campfire“-Schild eiskalt zerstoert wurde. Unsere Rettung war eine Kochstelle, auf der wir doch noch unser Chili con/sin carne aufwaermen konnten (eine extra ins Leben gerufene Sonderkommando-Kochgruppe, die solche Ausnahmezustaende zu bewaeltigen versuchte, hatte es am Tag zuvor zubereitet). Satt und zufrieden machten sich ein paar von uns auf den Weg zum Wasseloch, um Jaschas Gitarrenkuensten zu lauschen.
Bereits um 21 Uhr lagen wir in unseren Zelten, bzw. Swags, damit wir am naechsten Tag frueh aufbrechen konnten.
Lea, Kathi und Julia
Sonntag
Mitten in der Wildnis kann man nicht anders, als sich der Natur geschlagen zu geben: Ohne elektrisches Licht heist es, mit dem Sonnenuntergang schlafen zu gehen und mit dem Sonnenaufgang aufzustehen. Dementsprechend frueh begann der Sonntagmorgen fuer den Grossteil von uns. Ab sieben Uhr fanden immer wieder kleinere Grueppchen den Weg zur „Ormiston Gorge and Waterhole“: in Trockenzeiten, wie im Moment, einzelne Wasserloecher, die sich durch eine tiefeingeschnitte Schlucht, umgeben von ueberdimensional grossen, roten Felsen, ziehen. Nicht nur unsere kleine, sondern auch die Tierwelt war bereits in den fruehen Morgenstunden aktiv: Ein Adler zog seine Kreise hoch oben ueber der Schlucht, um spaeter urploetzlich auf seine Beute hinab zu stuerzen, in den Felsspalten sonnten sich die kleinen Wallaby-Kangaroos, ein Dingo markierte sein Revier und zwei menschliche Nackt-Froesche wagten sich trotz schlimmster Ankuendigungen, die den baldigen Wassertod prophezeiten, in das „Minus sechs Grad kalte“ (Zitat Paul Harnischfeger) Wasser. Nach einem Fruehstueck im Stehen wurde den Langschlaefern eine halbe Stunde Gebietsbegehung gestattet, bevor die rund zweieinhalbstuendige Fahrt, teils ueber asphaltierte Strassen, teils ueber Staubpisten, in Richtung Palm Valley begann. Im Troopy, den wir mit elf Mann (und Frau), sowie deren Gepaeck, bis an die Decke fuellten, wurde die Zeit mit intra-auraler Beschallung ueberbrueckt. Besonders das letzte „Strassen“-Stueck vor Palm Valley hatte es in sich (siehe „die wilde Fahrt“).
Sobald die Tueren der Troopies geoeffnet und die Nahrungskisten in greifbarer Naehe waren, stuerzten sich die Hungernden auf das Essen. Die angedachten Massnahmen von Katja, den Sandwich-Lunch vorzubereiten, wurden einfach ueberrannt. Als nach einiger Zeit auch der letzte seine verschiedenen Beduerfnisse befriedigt hatte, trat jeder seine ganz persoenliche, zweistuendige Entdeckungsreise durch das Tal der Palmen an. Dabei erlebte man eine ganze Bandbreite verschiedener geologischer Formationen: Einzelne, fusstief mit Wasser gefuellte Becken, kleinere Sandstraende, Schilfgebuesch, steilabfallende Kletterfelsen (siehe „Extremklettern in Palm Valley“) und ein, sich durch das Tal ziehendes, Palmenmeer. Doch wer sich nach seiner Wanderung auf eine erholsame Autofahrt gefreut hatte, wurde bitter enttaeuscht, denn auch auf dem Rueckweg wurden wir kraeftig durchgeschuettelt.
Daniel
Wilde Fahrt
Die Fahrt ins Palm Valley muss man definitiv als Abenteuer bezeichnen. Am Anfang war die Welt noch in Ordnung, es haute uns zwar schon ein bisschen auf und ab, aber wir waren die Strecke in den Nationalpark schon einmal gefahren und zwar in einem Bus, dagegen war die Fahrt in den Troopies fast angenehm. Troopies sind wirklich gute Gelaendewagen und zu einigem faehig, aber die Strecke kurz vor Palm Valley brachte auch sie an ihre Grenzen. Das ist eindeutig keine Strasse mehr, sondern ein Weg, fuer den man gute Bergschuhe und eine Kletterausruestung braucht, felsig, mit grossen Hoehenunterschieden, und wir fuhren dort mit dem Auto! Wir wurden hin-und hergeschmissen, mussten uns mit Haenden und Fuessen festhalten und hatten das dumpfe Gefuehl, dass wir demnaechst sterben wuerden.
Immer wieder neigte sich der Troopie gefaehrlich weit auf eine Seite (man bedenke das ganze Gepaeck auf dem Dach) oder die Anhaengerkupplung knallte auf einen Stein und alle Koepfe stiessen gegen die Decke. Man muss sagen, dass Paul Harnischfeger wirklich nicht schlecht Auto faehrt, und er hatte alle Haende voll zu tun, weshalb uns die Frau, die hinter uns fuhr, sehr erstaunte. Sie hatte keinen Gelaendewagen und brachte es dazu noch fertig, mit einer Hand zu fahren und sich mit der anderen ihe Frisur zu machen. Auf jeden Fall kamen wir sehr durchgeschuettelt und verwirrt an, Lukas und Manu war so schlecht geworden, dass sie es auf dem Rueckweg vorzogen, diese eigentlich kurze Strecke (ca 3 Kilometer), fuer die wir aber sicher 20 Minuten brauchten, zu laufen. Wir anderen waren auf dem Rueckweg schon etwas mutiger und trauten uns sogar, einen Apfel zu essen. Dabei musste uns aber Jakob, der vorne sass, immer sagen, wann wir abbeissen konnten, damit nicht gerade dann ein Loch kam und wir uns mit unseren Aepfel die Nase oder aehliches brachen.
Kathi
Extremklettern im Palm Valley
Unsere Ausfluege zu zahlreichen Sehenswuerdigkeiten wie Palm Valley und zahlreichen Gorges (Wasserloechern, die meist in einem Kessel von gut kletterbaren Felsen umgeben sind), wurden von vielen auch als Anlass genutzt, um den inneren Kletterprofi ans, nicht Ozonschicht-gefilterte, Tageslicht Australiens zu lassen. Nach Kletterexkursionen am ersten Tag am Ellery Big Hole und Serpentine Gorge, bei denen teils barfuss hoechste Schwierigkeitsgrade erklommen wurden und schwindelnde Hoehen im Freeclimb erstiegen wurden: “Wir waren bis zur Haelfte hoch, aber dann wurde es zu riskant, weil es zu steil war!” (Zitat Jascha), wurden am zweiten Tag die ganz hohen Gipfel in Angriff genommen. Bereits morgens habe ich am Ormiston Gorge eine kleine Wand “free solo” geklettert, musste aber anschliessend einen ziemlich grossen Umweg ueber eine Aussichtsplattform wieder zurueck wander, bzw. Joggen. Auf dem Weg kamen mir zwei Deutsche entgegen, die etwas perplex reagiertem, als ich sie auf Deutsch gruesste, nachdem sie ueber mich geredet hatten, scheinbar ohne damit zu rechnen, dass ich auch Deutsch verstehe. Die naechste Klettertour fand eigentlich schon im Auto statt, die “Strasse” wurde erklommen.
Die hauptsaechliche Kletterei fand dann im Palm Valley statt. Erst stiegen Jascha Kathi, Vivi und ich einen eher einfachen Hang, der jedoch nicht ohne Tuecken war, hoch. Eine anschliessende Wanderung am Abgrund, dem Tod staendig ins Angesicht blickend, folgte. Nach dem adrenalingeladenen Abstieg war aber der Kletterwahn von einigen noch immer nicht gestillt. Jascha und ich strebten immer noch nach hoeherem, sodass wir uns eine weitere Wand aussuchten. Unter Palmen begannen wir den Aufstieg. Hoechste Konzentration war hier vonnoeten, jeder Fehltritt konnte den sofortigen Tod bedeuten. Langsam tasteten wir uns an den Fels heran, wurden eins mit der Wand. Nachdem zwei unserer Kumpanen uns verlassen hatten, weil ihnen der Anstieg zu gefaehrlich wurde, standen wir nur noch zu zweit an der Wand, wohlwissend, dass es kein Zurueck geben wuerde. Gebeutelt von Hindernissen, wie losen Steinen und nahezu unueberwindbaren Passagen, erreichten wir schliesslich mit Mueh’ und Not den Gipfel. Uns fehlte vor Erschoepfung der Atem, dessen uns der fantastische Ausblick eigentlich haette berauben sollen, als wir oben ankamen. Nachdem wir aber den Ausblick genossen hatten und unsere letzten verbliebenen Kraefte fuer den Abstieg gesammelt hatten, standen wir vor einem weiteren Problem. Nach unzaehligen Versuchen fanden wir keine Abstiegsmoeglichkeiten. Immer wieder erwies sich das letzte Stueck als zu steil. Nachdem wir sogar schon versucht hatten, uns ueber einen Baum abzulassen, hatten wir die Hoffnung fast aufgegeben. Wuerden wir hier, in der Wildnis Australiens, fernab von der Heimat, elendig zugrunde gehen? All unsere Hoffnungen jemals wieder heil zurueckzukehren, wurden von der sinkenden Sonne, deren Licht ebenso stetig nachliess wie unsere Kraefte, zunichte gemacht. Nachem wir bereits mehrere Stunden durch Felsen und Gestruepp geeilt waren (auch wenn Jascha es nicht zugeben will waren wir beide den Traenen der Verzweiflung nahe, hatten innerlich schon mit dem Leben Schluss gemacht), fanden wir schliesslich eine Stelle, an der der Abstieg vielleicht moeglich war. Aber wuerden wir den Sprung aus einer so gewaltigen Hoehe ueberleben? Uns blieb keine andere Wahl, wir machten uns an den Abstieg. Am Rande zwischen Verzweiflung, Angst und Heldenmut, sprangen erst Jascha, dann ich, die unendlich wirkenden 2 Meter bis zum Boden. Schwer verletzt kamen wir beide am Boden an, doch noch waren wir nicht in Sicherheit. Erst mussten wir uns noch durch das dichte Palmengestruepp kaempfen, das wie ein Dschungel am Fusse des Felsens wucherte. Schlangen, Spinnen, Schlingpflanzen und andere Gefahren konnten uns nicht aufhalten. Mit letzter Kraft kaempften wir uns ans Tageslicht. Nach einem Gewaltmarsch zurueck zu unseren Troopies, den wir mehr taumelten, als liefen, benetzten wir endlich unsere trockenen Lippen mit frischem Chlorwasser. Gerade noch mal mit dem Leben davongekommen blicken wir aber schon neuen Klettertouren, vielleicht am Uluru, ins Auge.
Paul
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