Neue Woche – und endlich scheint es so richtig loszugehen: Direkt nach einem 8-Uhr-Fruehstueck splittet sich die Gruppe: Sieben von uns begeben sich in den Schulunterricht, der Rest beginnt mit einem lang ersehnten und hauptsaechlich praktischen Teil unserer Projekte.
Von der schneidenden Stimme einer Lehrerin empfangen, betrat ich das froehliche Chaos der Hermannsburger Vorschule und funktionierte zunaechst hauptsaechlich als Retter diverser kaputter Spielzeuge. Auf diesem Wege, die Gunst der Kleinen gewonnen, mutierte ich zum Kletterbaum und lebenden Versuchsobjekt: Meine blonden Haare und blauen Augen stiessen bei meinen staunenden Betrachtern immer wieder auf Entzuecken. Der Vormittag der Vorschueler war von einem geradlinigen roten Faden durchzogen: Zunaechst wurde gespielt, gemalt und vorgelesen, bis nach einer Stunde auch die Letzten den Weg von ihren „Outstations“ zur Schule geschafft hatten. Anschliessend wurde anhand von Youtube-Videos das ABC gelernt, dabei war ich Zeuge zahlreicher Liebesschwalle, die aus den Knirpsen hervorzubrechen schienen: Egal ob Lehrer, Mitschueler oder ich – alles wurde ausgiebig geknuddelt und abgeknutscht. Nach einem warmen Mittagessen am Vormittag gestatteten die Lehrer ihren Zoeglingen einen kleinen Spielpuffer im Aussenbereich, ehe ein (mir nicht bekannter) Besucher die 13 Schueler, die inzwischen fein saeuberlich ihre Zaehnchen geputzt hatten, mit seiner Keyboardmusik zum Tanzen und Singen verleitete. Weitere Youtube-Lernvideos schlossen einen lauten, wuseligen und dennoch netten Vormittag ab und Vorschullehrer Ali begab sich mit mir und den Kindern auf eine gut 45-minuetige Busfahrt zu den einzelnen, abgelegenen Behausungen der Schueler. Dabei bekam ich Einblick in Gebiete von Hermannsburg, deren Begehung fuer Besucher eigentlich strikt verboten ist. Nach und nach entliess der klapprige Schulbus alle Kinder, mit einem Sandwich und einer Banane bewaffnet, in ihre kleinen Anwesen, zu denen meist ein blechernes Haus mit geschlossenen Fensterlaeden, beschaeftigungslose Angehoerige, ein Rudel verwaister Hunde und jede Menge Muell gehoerten. In Erinnerung bleibt die Dankbarkeit der Kinder, mit der sie auf meine Form der Zuneigung reagierten, 13 tiefbraune Augenpaare und mindestens genauso viele Rotznaeschen.
Mein Tag fing heute im “Musikunterricht” an. Percy, einer der Lehrer, hat den schwierigen Job, die Jugendlichen morgens in die Schule zu holen, wenn er sie finden kann. Mir wird gesagt, ich soll in den Musikunterricht gehen. Ich komme rein, und Jamaine, ein Aborigine, den ich schon vom Camp kannte, lernt 3 Akkorde auf der E-Gitarre, Percy sitzt neben ihm und hilft ihm. Ein dritter steht beim Schlagzeug und telefoniert per Freisprechanlage. Mir wird gleich eine Gitarre in die Hand gedrueckt, und ich bin schon dabei mit Jamaine „Knocking On Heavens Door“ zu ueben. Spaeter finde ich raus, dass der Mann an seinem Handy der Musiklehrer ist, da er nach 10 Minuten neben Jamaine steht, und ihm Tipps gibt, die ihm in der Situation nicht wirklich helfen, waerend er weiterhin seiner Freisprechanlage zuhoert. Auf meinen fragenden Blick meint er nur: „They’re talking about me...“ Gegen Ende der Stunde begleitet er uns, dem Handy lauschend, noch am Schlagzeug. Alles in allem eine eher nicht so angenehme Musikstunde.
Heute Morgen bin ich waehrend den ersten Unterrichtsstunden bei den 3. bzw. 4. Klaesslern gewesen. Die hatten gerade Englisch. Die Lehrerin hat mit ihnen die taegliche Routine durchgemacht, bei der ich nur zuschauen und spaeter helfen konnte. Sie bestand darin, Wochentage, Monate und Uhrzeiten in verschiedener Weise zu wiederhohlen und herauszufinden. Alle waren ziemlich wild und es war schwer fuer die Lehrerin und ihre Aborigine-Hilfslehrerin den Haufen ruhig zu bekommen. Alles war ganz anders als bei uns. Die Lehrerin hatte ein Mikrophon, das mit Boxen an der Wand verbunden war. Selbst fuer die Schueler gab es ein kleines Mikrophon, das herumgereicht wurde. Den intensive Gebrauch von Computern bei so jungen Kindern fand ich auch sehr komisch und abwegig. Spaeter dann konnte ich den Aborigine-Schuelern helfen, als sie auf Englisch aufschreiben sollten, was sie am Wochenende gemacht hatten. Nicht selten kamen da Sachen wie “army sniper game on my playstation” vor. Insgesamt war der Unterricht sehr interessant und ich konnte mich auch noch kurz mit der der Lehrerin unterhalten. Im Laufe der Woche darf ich gerne wiederkommen, um z.B. den Kindern von Deutschland zu erzaehlen.
Flo
Nach dem Fruehstueck machten sich einige von uns mit Thomas zusammen auf den Weg zur Schule, um uns den Platz, den wir fuer das Treedome-Projekt zugeteilt bekommen hatten zu besichtigen. Einige Andere gingen in den Unterricht, um dort zuzuschauen und zu helfen. Wir waren nicht ganz gluecklich mit dem Platz, den uns Thomas zeigte, denn er war zwischen zwei Gebaeuden und wir hatten das Gefuehl, dass der Treedome mehr Platz zum „atmen“ braucht. Wir verlegten ihn ein kleines Stueck weiter weg von den Haeusern und kuemmerten uns dann erstmal um den Eingangsbereich, fuer den wir von der Schule die Aufgabe bekommen hatten, ihn neu zu gestalten. Unsere Motivation wurde dabei ernuechtert, denn wir bekamen das Gefuehl, dass die Zeit zu knapp dafuer ist, die beiden Aufgaben zu bewaeltigen. Was wir auf keinen Fall wollten, war, beide Projekte nicht richtig zu beenden und sie unfertig stehenzulassen. Uns kam es besser vor, sich nur auf den Treedome zu konzentrieren, die gesamte Energie dort hineinzustecken und sich nicht in verschiedene Arbeitsgruppen aufzuspalten. Als waeren wir nicht schon genug demotiviert, erhielten wir die naechste schlechte Nachricht: auf unserem angedachten Treedome-Platz standen ploetzlich Bagger, die so schnell auch nicht wieder verschwinden wuerden. Frustriert gingen wir zum Mittagessen. Nach dem Essen und einer daran gehaengten halben Stunde Pause machten wir uns wieder auf den Weg in die Schlacht. Thomas hatte inzwischen einen neuen Platz gefunden, zwar immer noch direkt am Haus aber mit mehr Platz an den anderen Seiten. Das Problem war nur, dass der Boden hier ziemlich schraeg war und wir einen geraden Boden brauchten. Also machten wir uns daran, dieses Problem zu beseitigen und die Erde von der zu hohen Seite auf die zu niedrige zu schaffen, oder, in Jaschas Worten,: „Hier ist Plus, da ist Minus und es muss Null rauskommen.“. Mit Schaufel, Spaten, Rechen und Hacken bewaffnet kamen wir relativ gut voran. Es kamen auch ein paar Aborigines, die gerade Pause hatten, um uns erst zuzuschauen und dann auch mitzuarbeiten, und zwar nicht wie wir in T-shirts (oder auch ohne) sondern mit Wolljacken, denn hier ist es ja „Winter“. Wir arbeiteten in der prallen Sonne, es war anstrengend, heiss und staubig. Die Erde war nach der ersten Schicht hart wie Stein, doch unsere Motivation war wieder da. Irgendwann hatte jemand die Idee, die Bauarbeiter, die unseren Platz weggenommen hatten, zu fragen, ob wir mal den Presslufthammer ausleihen duerfen. Der grub zwar tiefe Loecher aber war uns auch keine allzu grosse Hilfe. Gegen 17:00 Uhr war dann die Luft raus, die meisten sassen nur noch im Schatten. Wir sind trotzdem weit gekommen heute und werden morgen Vormittag vorraussichtlich mit der Ebenung der Flaeche fertig sein.
Kathi
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